Yes, yes y’all, erinnert sich wer? It’s like that: Public Enemy No. 1 in New York, Public Enemy No. 1 in Philly, Public Enemy No. 1 in DC, Saint Louis, New Jersey, Public Enemy No. 1 in Cincinatti, Atlanta, Chicago, Detroit, Oakland, Baltimore, Public Enemy No. 1 in Miami, Louisiana, Tennessee, Public Enemy No. 1 in L-L.A…Flavor Flav kartographiert nochmal die Bombeneinschläge, Chuck D. fasst zusammen: “20 years in the business, thank you for lettin’ us be ourselves, so don’t mind if I repeat myself, these simple rhymes be good to your health”. Sie sind wieder da, sie waren nie weg, und zu ihrem 20- jährigen Jubiläum schenken sie ihren weltweiten Fans (über 58 Tourneen mit mehr als1.300 Konzerten in 45 Ländern) solche Granaten-Tracks wie „Harder Than You Think“. Von den Gründungsmitgliedern sind nur noch Chuck D, Flavor Flav und Professor Griff dabei, aber DJ Lord und die Produzenten Gary G Wiz und Armani K Smith rekreieren hier nochmal den unvergleichlichen Public Enemy-Sound aus dope beats und TV-Samples, Turntablizm und Agit-Prop, polyrhythmischem Krach und Black Power-Demagogik, Preacher-Hysterie und crazy shit, bei dem sich die akustischen Ereignisse und Botschaften derart überschlagen, dass die Wahrnehmung nur noch Schlagworte herausfiltert, während die funky Fragmente den Körper grooven. So ging es einem bei HipHop-Meilensteinen wie „It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back“ oder „Fear Of A Black Planet“, deren Dechiffrierung Jahre in Anspruch nahm. Heute ist das alles wieder aktuell, wie man auch auf M.I.A.’s neuem Album „Kala“ nachhören kann. Nicht nur die Rhythmisierung von Gunshots zu Beats ist eine damals von Public Enemy suggerierte Idee. „Where were you in 92?“, fragt M.I.A. heute, um einen historischen Fixpunkt zu markieren, wo man das Hybride, Maximalistische und krude Zusammengeschmissene mit Hilfe neuer, aber unausgereifter Audio-Technologien heftig vibrieren ließ. Bei Public Enemy selbst kündigte sich damals nach fünf Jahren permanenter Revolution allerdings schon eine Erschöpfungsphase an. Als HipHop-Band-Modell wurden sie bald vom Wu- Tung Clan abgelöst und erlebten die Zeit ab Mitte der 90er Jahre „Like A Rolling Stone“, wie es in einem weiteren Karriere-Rückblick („The Long and Whining Road“) auf ihrem neuen Album heißt. Die Aufzählung alter PE-Hits wird hier mit Dylan-Titeln kombiniert –„a hint at how we were paralleled in our genre“, wie Chuck D. dazu im Booklet schreibt. Wie Dylan oder die Rolling Stones, wie Ornette Coleman, die JB’s oder B.B. King zählen PE zu den Überlebenden, denjenigen, die weiter machten, auch wenn der Catalogue of Cool sie nur noch im Archiv führt. „Don’t Believe The Hype“ propagierten sie von Anfang an, und das bedeutet im 21. Jahrhundert Überleben durch Touren, Merchandise und Ausschlachten des Back-Katalogs bei gleichzeitiger Stabilisierung der Fan-Basis durch Neuveröffentlichungen. Aber mit „How You Sell Soul…“ sind PE wieder in aller Munde, zu drängend werden hier alle Register gezogen. Neben oft selbstironischen Karriere- Reflexionen stehen Anti-Government-, Anti-War-, Anti-Rassismus- und Anti-Mainstream- Botschaften auf dem Programm, vor allem Gangsta Rap kriegt kräftig auf die Mütze. „We got peace, love, unity and having the fun, but you all want sex, drugs, violence and one on one. Stop being a little boy with a little toy, stand up and be a man“, rappt ein wütender Chuck D. an einer Stelle, eingerahmt von einem Kinderchor, der die Gangsta- Essentials runterbetet. Es gibt gleich mehrere solcher Gangsta-Rap-Parodien – im typisch undynamischen 50 Cent-Sound oder auf lächerlichen Machine Gun-Beats. Kein Wunder, denn für Berufsrevolutionäre wie Chuck D. ist Gangsta Rap „part of the game“, Symptom für eine nicht stattfindende gesellschaftspolitische Veränderung. „Making a living against those makin a killing“, lautet seine Devise – folglich werden auch andere, oppositionelle Audio-Kulturen integriert, mag dabei auch Metal Rap oder Stadion-HipHop herauskommen. Doch dann gibt es wieder swingende Rare Groove-Samples und ein James Brown-Tribute („Escapism“), Gospel-Stimmung mit Timbaland-Beats, eine neo- psychedelische Cover-Version von „Eve of Destruction, Live-Ambiente zur Vitalisierung der Atmosphäre und Soul Power galore, bis Flavor Flav wieder den Noise bringt und so geil nervt wie nix Gutes. Auf ihrem eigenen Loop jubilieren sich PE vorwärts, so ein gelungenes Fest der Selbstreferenzialität gelingt sonst nur wenigen Rock-Acts. Man darf auch gespannt sein, wie sie gehört werden. Eine privatistische I-Pod-Rezeption wäre jedenfalls absurd, kann es doch Public Enemy nicht ohne Öffentlichkeit geben – yes, yes y’all.
Spex, 2007